Newsletter Juni 2020

Schulbildung

Unsere Bildungsaktivitäten in Santa Rosa de Copán und das Jugendprojekt in La Entrada mussten komplett «unterbrochen» werden. Landesweit müssen alle Schulen, Universitäten und sonstige Ausbildungsstätten seit Mitte März bis auf Weiteres aufgrund des neuen Coronavirus geschlossen bleiben. Deshalb mussten auch wir alle geplanten Kurse stoppen.

Damit das Gebäude jedoch nicht leer steht, haben wir den zwei Notfallkommissionen SINAGER (Sistema Nacional de Gestión de Riesgos) und COPECO (Comisión Permanente de Contingencias) unsere Schulzimmer zur Verfügung gestellt. Diese beiden Kommissionen koordinieren die öffentlichen und privaten Katastrophenhilfemaßnahmen im Rahmen des Nationalen Risikomanagementsystems.

Studententag

Am 11. Juni wird in Honduras der Studententag zu Ehren von José Trinidad Reyes gefeiert. José gilt als der Nationalheld, der die Grundlagen der Hochschulbildung im Land begründet hat.

Deswegen erhielten unsere Kinder an diesem Tag intern «schulfrei» und wir feierten als Motivation und Anerkennung für die geleistete Arbeit, die erledigten Hausaufgaben und die guten Zwischennoten während der letzten Monate.

Zum Mittagessen gab es Pizza für alle und zur Unterhaltung am Nachmittag wurden verschiedene Spiele, Geschenke, Aktivitäten und feine Kuchen organisiert.

Ebenso versuchten wir den Tag zu nutzen um unseren Kindern bewusst zu machen, dass es ein grosses Privileg ist, die Schule besuchen zu dürfen und dass sie Nelson Mandelas Spruch «Die Erziehung ist die mächtigste Waffe, die man benutzen kann, um die Welt zu ändern!» sich zu Herzen nehmen sollen.

Für mich persönlich war dieser Tag eine Motivation, das honduranische Bildungssystem, das eine der niedrigsten Abdeckungsraten in der Region Lateinamerika aufweist, zu analysieren und die schulische Covid-19-Lösung unter die Lupe zu nehmen.

Konkrete Zahlen

ASJ, Asociación para una sociedad mas justa (Verein für eine gerechtere Gesellschaft) hat publiziert, dass mehr als 2 Millionen Schüler keinen Zugang zur Schulbildung haben und dass jetzt schnellstmöglich nach einer Lösung gesucht werden muss. Sie haben 700 Schüler im Alter von 7 bis 18 Jahren befragt. Davon haben 26% die private und 74% die öffentliche Schule besucht.

Folgendes Ergebnis hat sich daraus ergeben:

Private Schule
Öffentliche Schule

TECHNOLOGIE

1. Hast du zu Hause einen Computer mit Internetzugang?

Ja, 80%
Ja, 33%

2. Hast du zu Hause ein Handy mit Internetzugang?

Ja, 97%
Ja, 80%

3. Hast du zu Hause einen Fernseher?

Ja, 99%
Ja, 91%

KOMMUNIKATION

4. Hast du WhatsApp?

Ja, 88%
Ja, 71%

5. Hast du eine E-Mail-Adresse?

Ja, 83%
Ja, 46%

6. Hast du Facebook?

Ja, 75%
Ja, 62%

SCHULMATERIAL

7. Hast du die nötigen Schulbücher dieses Schuljahres?

Ja, 85%
Ja, 55%

8. Hast du die nötigen Materialien, um die Hausaufgaben zu erledigen?

Ja, 83%
Ja, 50%

LEHRERKONTAKT

9. Hattest Du Kommunikation zu deinem Lehrer in den letzten 7 Tagen?

Ja, 91%
Ja, 69%

10. Wie gut ist die Unterstützung deines Lehrers?

gut 77%                                           
gut 54%

mittel 23%
mittel 39%

schlecht 0%
schlecht 7%

11. Haben dir deine Eltern bei den Hausaufgaben geholfen?

Ja, 69%
Ja, 60%

12. Wieso haben dir deine Eltern nicht geholfen?

Keine Zeit 5%
Keine Zeit 9%

Mangelnde Fähigkeit 7%
Mangelnde Fähigkeit 21%                     

Brauche keine Hilfe 67%
Brauche keine Hilfe 37%            

Andere Person hilft mir 12%
Andere Person hilft mir 14%

Keine Hausaufgaben 9%
Keine Hausaufgaben 19%

Betrachten wir die öffentlichen Schulen, dann sind die folgenden Aspekte sehr bedenklich:

  • Nur 33% der Schüler von haben einen Computer mit Internetzugang
  • Nur 50% der Schüler über die nötigen Materialien, um von Zuhause arbeiten zu können.
  • Nur 55% der Schüler verfügen über die notwendigen Schulbücher
  • Der Kontakt zu den Lehrern der öffentlichen Schulen ist im Gegensatz zu den privaten Schulen signifikant schlechter. In den öffentlichen Schulen hatte ca. 1/3 der Schüler während einer Woche keinen Kontakt zu den Lehrpersonen.

Kinder mit begrenzten wirtschaftlichen Ressourcen würden durch das neue Coronavirus das Schuljahr verlieren

Öffentliche Bildung zu Hause auf elektronischem Wege ist für viele Kinder mit begrenzten wirtschaftlichen Ressourcen im ländlichen Honduras nicht von Nutzen. Die Armut ist, neben anderen sozialen Problemen, der Hauptfaktor, dass sie sich nicht an die neue Methode anpassen können.

Sie laufen daher Gefahr, ihr Schuljahr zu verlieren, weil ihnen dort, wo sie leben, die minimale Technologie fehlt (d.h. keine Smartphones besitzen), keinen Fernseher haben oder weil es keinen Strom gibt.

Als Haupthindernisse für den Lern-Prozess zu Hause, wurden ganz klar der Internetzugang, der Telefonempfang und das Fehlen von Lehrmaterial identifiziert. Dazu trägt auch das niedrige Bildungsniveau der Eltern dazu bei, dass sie ihren Kindern bei den Hausaufgaben nicht helfen können.

Nur 7% in ländlichen Gebieten haben Zugang zu einem Computer oder zum Internet. Bereits vor der Pandemie war eines von drei Kinder im Schulsystem nicht eingeschrieben. Man kann deshalb nur ahnen, wie groß diese Zahl durch die Pandemie geworden ist. In vielen Familien gab es in den letzten Monaten die Debatte, entweder Lebensmittel zu kaufen oder sich einen Internetzugang anzuschaffen.

Unsere Stiftung wurde vom Bildungsdepartement von Santa Rosa de Copán um Unterstützung angefragt, didaktisches Material zu kopieren sowie wöchentliche Arbeitsprogramme zu drucken und diese dann den Schülern zu Hause zu verteilen. Mit dieser Unterstützung könnten 5’619 Studenten aus ländlichen Schulen, welche nun über 3 Monate keinen Unterricht erhielten, das Schuljahr bestehen.

Wir sehen diese Notmassnahme als einzige Lösung. Wir haben nun mit dem Druck begonnen und beginnen nächste Woche damit, das Material in den Dörfern zu verteilen.

Ebenso haben wir der Sekundarschule Alvaro Contreras 5 Computer zur Verfügung gestellt, damit die Lehrer während der Pandemiezeit die Möglichkeit haben, den Unterricht virtuell zu erteilen.

Hier in der Stadt San Pedro Sula findet der Unterricht über die ZOOM-Plattform statt oder die Lehrer verschicken die Hausaufgaben per WhatsApp oder E-Mail.

Aber auch hier in der Stadt ist es für viele Eltern schwierig. Sie müssen nun die Funktion des Lehrers übernehmen, wobei sie zum Teil selbst grosse Mühe mit dem Lesen und Schreiben haben.

In Honduras ist es nicht üblich, zu Hause einen Internetzugang mit Flatrate zu haben. Deshalb müssen sie täglich eine Datenmenge fürs Internet kaufen, um die Hausaufgaben zu erhalten und danach erledigen zu können. Weiter haben die wenigsten Personen einen Zugang zu einem Drucker.

Dazu kommt, dass viele Leute in dieser Zeit nicht arbeiten konnten, dadurch keinen Lohn erhielten und somit das Schulgeld nur schwer aufbringen konnten. Die Schulen verlangen jedoch trotzdem, dass die Monatskosten bezahlt werden müssen, da auch sie die Lehrer bezahlen müssen.

Zu Beginn der Coronakrise waren 90% aller Schüler von San Pedro Sula mit dem Internet verbunden, jetzt anfangs Juli, sind es nur noch deren 55%. Zum Beispiel hat das Institut Primero de Mayo, mit mehr als 2000 eingeschriebenen Studenten, Zahlen veröffentlich, wonach lediglich 25% aller Eltern die noch Fähigkeit besitzen, das Internet und einen Computer zu bezahlen.