Aus Sicht einer Volontärin

Ich durfte während sechs Wochen im Kinderheim „yo quiero ser“ leben und mithelfen. Während dieser Zeit habe ich hauptsächlich in der Sala Cuna bei den Kleinkindern mitgeholfen.

Am Tag meiner Ankunft in San Pedro Sula besuchten die Kinder den Wasserpark „Wonderland“, aus diesem Grund wurde ich dort von allen begrüsst. Der Empfang war sehr herzlich, alle haben sich vorgestellt und mich umarmt.
Bei der Fahrt vom Wasserpark ins Kinderheim erhielt ich den ersten Eindruck von San Pedro Sula. Die Stadt ist einerseits weit entwickelt mit vielen Einkaufszentren und amerikanischen Restaurantketten, andererseits herrscht sehr viel Armut. Dies äussert sich unteranderem durch Kinder, welche barfuss am Strassenrand Zeitungen verkaufen, durch Männer, die mit Esel und Karren durch die Strassen fahren oder durch zerfallene Hütten, in welchen mehrere Generationen gemeinsam leben. Mein  bleibenster Eindruck der Stadt ist der allgegenwertige Abfall. Die Menschen werfen ihren Müll über die hohen Mauern, hinter welchen sie leben, ohne sich weiters darum zu kümmern.

Im Kinderheim angekommen, haben mich die Kinder überall herumgeführt. Voller Elan haben sie mir alles bis ins kleinste Detail gezeigt und erklärt. Das Heim besteht aus mehreren Gebäuden und hat einen eigenen Fussballplatz. Die Innenräume sind sehr hell und farbig. Der Garten mit den Bananen- sowie Kokospalmen bringt “ Leben“  in den Hof. Das Heim ist sehr gepflegt und äusserst sauber. Für mich ist das Heim wie eine Insel, die  von der unschönen Aussenwelt abgeschirmt wird und wo die Kinder die Chance erhalten, in einer intakten Welt aufzuwachsen.

Am darauffolgenden Tag konnte ich den Alltag in Honduras miterleben. Mein Tag in der Sala Cuna begann damit, dass die Kleinen Olga – die Kleinkindererzieherin – und mich um ca. 7.00 Uhr weckten. Vor dem Frühstück wurden alle gebadet und gerichtet. Anschliessend haben Olga und ich alles geputzt. Während dieser Zeit durften sich die Kleinen draussen austoben. Um 9.30 Uhr begann der „Unterricht“ für die Kleinen. Dabei wurde mal mehr und mal weniger fleissig gemalt, geklebt, ausgeschnitten, gebastelt, gespielt, gesungen, Geschichten zugehört… Besonders Freude bereitet hat mir, dass sich bereits die ganz Kleinen gegenseitig bei diesen Aufgaben geholfen haben. Nach dem Mittagessen wurden alle gebadet und zu Bett gebracht. Nach dem Mittagsschläfchen durften die Kleinen nach Draussen spielen gehen. Nachmittags habe ich meistens den Grösseren bei den Hausaufgaben oder beim Lernen geholfen. Um 18.00 Uhr gab es Nachtessen. Anschliessend wurden die Kleinen erneut gebadet und schlafen gebracht.

Ab und zu wurde mein Alltag durch einen Markt- oder Stadtbesuch ergänzt. Es war sehr beeindruckend zu sehen, welch grosse Menge an Lebensmittel für eine solch grosse Familie wöchentlich eingekauft werden muss.

An den Wochenenden haben wir viel  unternommen, beispielsweise Besuche des Zirkus oder Wasserpark, Fussballspiele mit anderen Kinderheimen,... Über alle Aktivitäten haben sich die Mädchen und Jungs jeweils sehr gefreut. Am Freitagabend fand immer eine Disco im Heim statt. Sobald die Musik erklang, begannen alle zu tanzen – vom Kleinsten bis zum Grössten. Die Kinder tanzen mit so viel Energie und Freude.

Während den Schulferien haben wir einige Tage auf dem Maiensäss verbracht, welches sich in einer Kaffeeplantage befindet. Die Kinder haben diese Zeit sehr genossen! Unglaublich, wie viele Stunden sie sich im Pool vergnügt haben.

Die Jungs und Mädchen sind für ihr Alter sehr verantwortungs- und pflichtbewusst. Sei es bei der Erledigung ihrer täglichen Ämtli, wie Zimmerputzen, Abwaschen, Kleider waschen oder beim Hausaufgaben erledigen. Aber natürlich sind sie auch Kinder :O) Die Mädchen hätten lieber stundenlang „Fotoshootings“ gemacht, als gelernt. Oder die ganz Kleinen wollten fleissig mitstreichen, dabei haben sie sich gegenseitig mehr angemalt als die Wand.

Durch die Angestellten, welche im Kinderheim arbeiten und wohnen, habe ich viel über das „reale“ Leben in Honduras erfahren. Es herrscht Korruption, Kriminalität, hohe Arbeitslosigkeit sowie Analphabeten Rate und die Menschen leben in Angst.
Viele dieser “Bewohner“  haben in ihrem kurzen Leben bereits viel Unschönes durchgemacht. Aber hier im Kinderheim „yo quiero ser“ haben sie ein Zuhause gefunden, wo sie alles haben, glücklich sind, geliebt werden und sie die Möglichkeit erhalten, später ein lebenswertes Leben zu führen.

Für mich war es eine sehr emotionale und einschneidende Erfahrung. Mir wurde klar, dass ich in einer perfekten Welt aufgewachsen bin und dass dies nicht selbstverständlich ist. Umso beindruckender ist es, dass die Kinder trotz dieser Umstände, zufrieden und glücklich leben.