Newsletter Juni 2019

Sozialprojekte

Nebst der Betreuung der Kinder und Jugendlichen im Kinderheim «Yo Quiero Ser...» und die Projekte in Santa Rosa de Copán (siehe Newsletter März) hat die Stiftung weitere soziale Projekte, in welchen sie Hilfsbedürftige unterstützt.

Da gibt es beispielsweise das Sozialprojekt Nahrungsmittel: Hierbei werden 20 Familien in den Slums von San Pedro Sula unterstützt, indem sie monatlich eine Lieferung von überlebenswichtigen Gütern erhalten. Sie bekommen nebst Grundnahrungsmittel, Hygieneartikel, Zündhölzer etc., um wenigstens einen Teil ihrer Grundbedürfnisse abdecken zu können. Dank Kontakten zu den „Nonnen von Kalkutta“, einem Orden von Schwestern, welche in den Slums Religion unterrichten, können diejenigen Familien identifiziert werden, welche für das Projekt in Frage kommen. So sind dies beispielsweise grosse Familien, bei denen zwar der Vater arbeitet, sein Lohn aber nicht ausreicht, um seine Familie zu versorgen. Wer hingegen die Möglichkeit hätte Geld zu verdienen und diese nicht wahrnimmt, oder wer in illegale Aktivitäten verwickelt ist, hat keinerlei Zugang zu Unterstützung durch die Stiftung.

Darüber hinaus gibt es ein von Nonnen geführtes Heim für ausgesetzte behinderte Kinder und Erwachsene: „El Buen Samaritano“. Das Heim hat zwar Zugang zu ausreichend Nahrung und die Patientinnen und Patienten können in den öffentlichen Spitäler versorgt werden, es fehlt ihnen jedoch gänzlich an Medikamenten. «Yo Quiero Ser...» hat hier die Möglichkeit ihnen Psychopharmaka und andere Medikamente zur Verfügung zu stellen. Im Behindertenheim leben 58 Kinder und Erwachsene, welche durch ihre körperlichen und geistigen Behinderungen nicht im gewohnten Umfeld leben können, da ihre Familien sie ausgesetzt haben. 

Ebenfalls steht die DINAF (Dirección de Niñez, Adolescencia y Familia) über eine Ärztin in regem Austausch mit der Stiftung. Wenn im Spital ein Fall bekannt wird, wo sich eine Familie die Behandlung für ein Kind nicht leisten kann, so kann die Stiftung einspringen. Es gibt da beispielsweise ein Mädchen, welches von seinem betrunkenen Vater angeschossen wurde und seither querschnittgelähmt ist. Die Mutter des Mädchens hatte sich zu Beginn um das Mädchen gekümmert, doch diese ist mittlerweile bei einer Fehlgeburt verstorben. «Yo Quiero Ser...» schickt regelmässig die notwendigen Mittel und ist mit dem Kind in Kontakt. Mittlerweile schreibt die Kleine sogar Briefe und letzthin hat sie darum gebeten, noch ein paar Süssigkeiten zu bekommen – trotz den schrecklichen Umständen also doch ein ganz normales Kinderbedürfnis...

In anderen Fällen wird beispielsweise eine Computertomografie (CT) bezahlt. Umgerechnet entsprechen die Kosten für ein CT ungefähr einem monatlichen Mindestlohn, was verständlicherweise von einer grossen Mehrheit nicht bezahlt werden kann. Im Gegensatz zur Schweiz gibt es in Honduras keine obligatorische Kranken- oder Unfallversicherung. Wer arbeitet, ist jedoch dem „Seguro Social“ angeschlossen, was heisst, dass durch Abgabe eines gewissen Prozentsatzes des Lohns die Spital-, Arzt- und gegebenenfalls Operationskosten übernommen werden. Aber bei der hohen Arbeitslosenrate kommt natürlich nur ein gewisser Teil der Bevölkerung in den Genuss dieser Deckung.

Politische Unruhen

Im Juni 2019 hat die Regierung beschlossen, dass die Schulen und Spitäler per sofort privatisiert werden sollen. Dies hätte kaum vorstellbare Folgen für die grosse Mehrheit der Bevölkerung von Honduras nach sich gezogen. So haben sich Lehrer und Ärzte gewehrt und tagelang auf den Strassen protestiert. Die öffentlichen Schulen waren zu dieser Zeit für insgesamt acht Wochen geschlossen und die Schüler konnten während dieser Zeit zur Schule gehen. Die Unruhen haben sogar dazu geführt, dass es im Bereich der amerikanischen Botschaft in Tegucigalpa brannte. Spätestens jetzt wurden die internationalen Medien aufmerksam auf die politischen Unruhen in Honduras so dass praktisch jedes Land vor der Einreise ins Land abriet.

Dass ausgerechnet während dieser Zeit Gerard und Theresa van Kesteren das Kinderheim besuchen wollten, war natürlich ungünstig. Sie waren bereits im Miami, als die Situation sich dermassen zuspitzte, dass sie von einer Reise nach Honduras absehen mussten. Damit fiel leider auch dieser Besuch den politischen Unruhen zum Opfer...

Glücklicherweise lenkte die Regierung nach einer gewissen Zeit ein und machte den Entschluss der Privatisierung der Schulen und Spitäler rückgängig. Allmählich kehrte dadurch wieder der Alltag in die Strassen von Honduras zurück – bis die Regierung ihre nächste Idee verkündet.

Eine nicht erfüllte Prophezeiung

Das fetale Alkoholsyndrom (FAS) bezeichnet Schädigungen, welche ein Kind erfährt, weil seine Mutter während der Schwangerschaft Alkohol zu sich genommen hat. Die Störungen können sehr unterschiedlich sein und durchaus auch unterschiedlich stark ausgeprägt auftreten. Oft ist es eine Mischung von körperlichen und mentalen Einschränkungen.

Im Falle eines Jungen, welcher 2009 ins Kinderheim kam sind diese Folgen deutlich sicht- und spürbar. Der Junge ist der Jüngste von drei Geschwistern, die alle bei uns im Kinderheim waren. Im Jahr 2008 wurde das Spitalpersonal auf ihn aufmerksam, als seine Mutter sich darüber beklagte, dass der Junge kaum zunehme. Der Junge war zu diesem Zeitpunkt 3-jährig und wog bei 67cm gerade einmal 5.5kg! Der Mutter wurden alle drei Kinder weggenommen, weil sie die Kinder nicht ernähren konnte und sie offensichtlich vernachlässigt wurden. Sie kamen danach in ein staatliches Kinderheim, von wo die Kinder im Jahr 2008, bzw. im Falle des Jüngsten 2009, ins «Yo Quiero Ser…» kamen. Es hiess, dass dem Jungen bei der Geburt prophezeit wurde, dass er nicht älter als 14 Tage werde, aufgrund seiner starken Schädigungen durch das FAS.

Heute ist der Junge 14-jährig, lebt im «Yo Quiero Ser...» und besucht eine Sonderschule in welcher speziell dafür ausgebildeten Pädagoginnen ihn unterrichten. Er spricht wenige Worte, versteht jedoch eine Vielzahl von dem, was man ihm sagt. Er kann selbständig gehen, essen und trinken und zeigt adäquate Emotionen. Seine Wirbelsäule ist durch eine fortschreitende Skoliose relativ stark deformiert, aber eine Operation, welche 2009 vorgesehen gewesen wäre musste abgesagt werden. Es sieht also ganz danach aus, dass sich die Prophezeiung der Ärzte bei der Geburt nicht erfüllen wird. Der Junge geniesst die Vorzüge des Kinderheims wie alle andern und lebt ein soweit glückliches Leben im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Denguefieber

Das Klima in Honduras birgt das Risiko einiger Krankheiten, wie beispielsweise das von Denguefieber. Das Denguefieber wird durch Mückenstiche übertragen, welche in diesem Klima natürlich keine Seltenheit sind. Die Symptome sind oft unspezifisch und ähneln derjenigen einer schweren Grippe mit hohem Fieber. In schweren Fällen oder bei wiederholter Ansteckung können jedoch Komplikationen, wie innere Blutungen oder gar der Tod eintreten. Die Zeit zwischen Ansteckung und dem Auftreten erster Symptome (Inkubationszeit) beträgt 14 Tage. Die Krankheitssymptome klingen in der Regel nach 3 bis 7 Tagen wieder ab. Gemäss Schätzungen der WHO (Weltgesundheitsorganisation) sterben jährlich ca. 22‘000 Personen am Denguefieber – vorwiegend Kinder sind unter den Opfern.

San Pedro Sula wurde im Juni/Juli 2019 von einer Dengue-Epidemie heimgesucht. Die Zahl der Infektionen stieg drastisch an. In der lokalen Zeitung, La Prensa, wurde die Zahl der bisher in diesem Jahr an Dengue Verstorbenen publiziert: 106 Personen!

Leider machte sich die Epidemie auch vor den Kindern des Kinderheims nicht halt. Bisher erlitten 5 der Kinder eine Ansteckung mit dem Dengue Virus. Glücklicherweise verliefen aber alle Fälle soweit harmlos, als dass niemand hospitalisiert werden musste. Rilana, eine Voluntärin, hatte hingegen das Pech während ihrem Aufenthalt gleich zweimal zu erkranken. Aber auch sie konnte im Kinderheim behandelt werden und ist wieder wohlauf.

Um sich vor den Mückenstichen zu schützen, ist es wichtig Wasseransammlungen drinnen wie draussen zu minimieren, die Sanitäranlagen und Waschstellen sauber zu halten. Denn die Mücken legen ihre Larven in die stillen Wasserlachen, wo sie sich rasch vermehren. Während der Dengue-Epidemie setzte die Stadt Pestizide ein, die mit grossen Tankfahrzeugen in der Gegen versprüht wurden, damit sich die Population der Mücken minimiert. Ebenfalls wurden in Schulen, Kirchen und anderen öffentlichen Einrichtungen „Repellente“, also Insektenschutzsprays zum Auftragen auf der Haut verteilt. Da ist man regelrecht froh, wenn es bei den Mückenstichen beim lästigen Juckreiz bleibt und keine weiteren Folgen entstehen.

Stromausfall

Stromausfälle sind in Honduras, wie in vielen Ländern dieser Region, keine Seltenheit. Jedoch im Monat Juni haben sich diese unangenehm häufig ergeben. Es kam vor, dass der Strom am Morgen ausging und erst nach Einbruch der Dunkelheit wiederkam. Für den Betrieb des Kinderheims hat einige spürbare Auswirkungen:

  • Die Pumpe, welche das Wasser in den oberen Stock des Gebäudes befördert, fällt aus, wodurch in allen Zimmern des Obergeschosses das Wasser fehlt. Die Toiletten sind für diese Zeit ausser Betrieb.
  • Die Waschmaschine und der Tumbler, die zum Waschen der Wäsche unserer Kleinsten quasi pausenlos in Betrieb sind, fallen aus und die Berge an Schmutzwäsche häufen sich innert kürzester Zeit ins Unermessliche.
  • Die grosse Kühlzelle und die Gefriertruhe, welche in der Küche alle Lebensmittel frisch halten, fallen aus und innert weniger Stunden besteht das Risiko, dass die Essensreserven verderben und entsorgt werden müssen. Dies geht natürlich immer mit grossen Kosten einher und frustriert enorm.
  • Alle Ventilatoren fallen aus, was zu grossen Hitzestaus führt – gerade in diesem heissen und trockenen Monat eine sehr unangenehme Angelegenheit.

Im Grossen und Ganzen sind wir deshalb froh, wenn alles so funktioniert, wie vorgesehen und der rege Betrieb des Kinderheims seinen gewohnten Lauf nehmen kann.